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Berührung berührt, bewegt, verbindet

 

Übersicht 

  • Einleitung
  • Einsamkeitsbarometer 
  • Sind wir alle unterkuschelt?
  • Nicht stillbarer Hunger
  • Es kann Jede und Jeden treffen 
  • Erkennen und verändern  

 

Weiterführende Blogbeiträge

 

 

Einleitung

 

Unsere Haut ist sehr empfindsam. 

 

Aufgebaut aus mehreren Schichten bedeckt sie bei Erwachsenen ca. 1,5 - 2 Quadratmeter Körperfläche. Sie schützt, hilft dabei, unsere Körpertemperatur zu regulieren, hält uns Krankheitserreger und Viren vom Leib, schafft die Verbindung zwischen Innenwelt und Außenwelt, kann rauh und zart sein, leuchten und strahlen. 

 

Sie verfügt über unzählige Nervenzellen, mit denen wir Wind, Kälte, Wärme, Berührung, Schmerz erspüren, tasten und uns orientieren können. 

 

Tägliche Berührungen sind essentiell für uns – in jedem Lebensalter.

 

Das liest sich leicht und scheint doch so schwer umsetzbar zu sein. Lassen Sie uns daher einen Blick in den Alltag werfen.

 


 

Einsamkeitsbarometer

 

Das Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend legte 2024 das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ein „Einsamkeitsbarometer“ vor. 

 

Einsamkeit und zu wenig Berührung | Berührungslosigkeit liegen oft eng zusammen. 

 

Zwischen 1992 und 2021 wurden Daten gesammelt, um „repräsentative Aussagen zur Einsamkeitsbelastung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen“ auszuwerten. 


Nachfolgend Auszüge zentrale Ergebnisse des Einsamkeitsbarometers 2024:
(Quelle: https://www.bmbfsfj.bund.de/bmbfsfj/aktuelles/alle-meldungen/erstes-einsamkeitsbarometer-fuer-deutschland-veroeffentlicht-240202
Letzte Linkprüfung: 30. September 2025 | Fettschrift wurde von mir gewählt)

 

"Einsamkeit zieht sich durch die gesamte Gesellschaft. 


Die Einsamkeitsbelastungen im Jahr 2021 betrugen bei den 

 

  • 18- bis 29-Jährigen 14,1 Prozent, 
  • 30- bis 50-Jährigen 12,3 Prozent, 
  • 51- bis 75-Jährigen 9,8 Prozent 
  • bei Menschen ab 75 Jahren 10,2 Prozent.

Frauen weisen eine höhere Einsamkeitsbelastung als Männer auf. 


Im Jahr 2021 betrugen die Einsamkeitsbelastungen bei Frauen 12,8 Prozent und bei Männern 9,8 Prozent. Die Corona-Pandemie hat diesen Effekt weiter verstärkt.

 

Einsamkeit wirkt sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit aus. 


Im Jahr 2021 hatten 60,7 Prozent der Menschen mit erhöhten Einsamkeitsbelastungen eine unterdurchschnittliche körperliche Gesundheit. 

Care-Arbeit und Migration hängen stark mit Einsamkeit zusammen. Menschen, die intensive Sorgearbeit leisten sind stärker von Einsamkeitsbelastungen betroffen, ebenso Menschen mit Migrations‐ und/oder Fluchterfahrung.

 

Einsamkeitsbelastungen beeinflussen die Einstellungen zur Demokratie.

 

Personen mit erhöhter Einsamkeitsbelastung haben ein niedrigeres Vertrauen in politische Institutionen (Polizei, Parteien, Politiker und Politikerinnen, Rechtssystem, Bundestag) als Personen ohne erhöhte Einsamkeitsbelastung." 

 

 

Ich finde diese Zahlen alarmierend hoch. 

Lassen Sie uns daher noch etwas tiefer in dieses Thema einsteigen. 

 


 

Sind wir alle unterkuschelt? 

 

Voll-Körperkontakt zählt zu den ersten Erfahrungen, die wir machen.  

 

Im Mutterleib ist unser kleiner Körper von allen Seiten umschlossen. Mit jedem Tag, den wir wachsen, wird es im Mutterleib enger und „kuscheliger“, wir sind 24/7 im permanenten Kontakt.  

 

Dann kommen wir auf die Welt und - werden berührt. Wir werden nach der Geburt gewaschen, gewogen, untersucht, in Stoff und warme Decken gehüllt, der Mutter, den Eltern in die Hände, auf den Körper gelegt. 

 

Von Händen berührt zu werden, ist eine unserer ersten Erfahrungen außerhalb des mütterlichen Körpers.   

 

Wenn uns eine Berührung angenehm ist, schüttet unser Körper eine Vielzahl von Wohlfühlstoffen aus – eines davon ist das Hormon und Neuropeptid Oxytocin. Es wird umgangssprachlich auch als „Kuschelhormon“ oder als „Bindungshormon“ bezeichnet. Wenn Oxytocin mit „im Spiel“ ist, dann passiert in Körper und Psyche eine ganze Menge. 


Wir werden ruhiger, wir werden entspannter, wir werden zuversichtlicher – Ängste und Sorgen können sich reduzieren, wir entwickeln Vertrauen, das Leben erscheint uns nicht mehr so schwer, aus dunkel kann hell werden, wir entwickeln Wohlgefühl. 

 

Warum das so ist, ist im Detail biochemisch noch gar nicht bis in Letzte geklärt. Wir wissen jedoch, dass Oxytocin (auch) einen Einfluss auf eine Gehirnregion hat, die Amygdala heißt. Die Amygdala ist u.a. wichtig bei Erinnerungen mit emotionalen Inhalten und – sie wird manchmal auch als „Zentrum der Angstentstehung“ bezeichnet.   

 

Viele Tiere sind Rudel- oder Herdentiere – auch die uns genetisch am ähnlichsten Schimpansen und Bonobos. Diese leben in unterschiedlich organisierten Familienverbänden. Berührung und Kontakt sind zentral, nicht zuletzt auch, um das friedliche Leben und Überleben in und mit der Gruppe zu gewährleisten. 

 

Berührungslosigkeit kann in solchen Gruppen Ausgrenzung bedeuten. 

 

Ausgrenzung kann in der freien Wildbahn fatale Folgen haben - bis hin zum Tod eines Individuums. 

 

Wie wichtig Berührung auch für uns Menschen ist, haben Therapeut-innen verschiedener Fachrichtungen schon längst erkannt.   

Anfang der 2000-er Jahre hat der amerikanische Sexualtherapeut Reid Mihalko (*1969) gemeinsam mit seiner Partnerin Marcia Baczynski (*1978) die erste Cuddle Party (Kuschelparty) organisiert. 2005 wurden erste Veranstaltungen in Berlin durchgeführt.
(Quelle: Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Kuschelparty | Letzte Prüfung: 30. September 2025) 

 

Und wie sieht das in unserem heutigen Alltag aus? 

Unsere Begrüßungs- und Verabschiedungsrituale sind nach meinem Empfinden eher distanziert. Wir reichen die Hand, kurzes Drücken. Das wars. Seit Corona wird oft auch gar nicht mehr die Hand gegeben.  

 

Wenn dann auch im Familien-, Freund-innen- oder Kollegen-innenkreis eher körperliche Distanz herrscht, dann wird es schwierig Berührungszeit im Alltag zu sammeln. Sie können ja in den kommenden Tagen einfach mal darauf achten.

  

Ich gehe davon aus, dass viele Menschen (groß wie klein, jung wie alt, durch alle Bevölkerungsschichten hindurch) unterkuschelt sind. 

Nach meinem Verständnis ist Berührung genauso wichtig wie Essen, Trinken, Schlafen, eine Aufgabe zu haben, ein Dach über dem Kopf …. Es ist ein Grundbedürfnis, dass jeden Tag gestillt werden muss. 

 

Wenn es über Tag zu wenig Berührung gibt, um in ein Wohlgefühl und eine innere Sicherheit zu kommen, dann resultiert daraus meiner Meinung und meinen Beobachtungen nach etwas, was ich als „Berührungshunger“ beschreibe.  

 

Bei Hunger und Durst wissen wir, wie wir diesen Hunger stillen können. Wir trinken etwas, wir essen etwas …

 

Beim "Berührungshunger" ist das anders. 

 

In meiner Praxis erlebe ich immer wieder, dass Menschen nicht bewusst ist, dass es zu wenig Berührung in ihrem Leben gibt. Und selbst, wenn es bewusst ist, wissen wir nicht, wie wir dieses Bedürfnis, diesen Hunger stillen sollen. 

 

Wenn wir nicht wissen, wie wir etwas essentiell Wichtiges erreichen können, dann … sucht sich unser System (Körper, Seele und Geist) oftmals andere Bereiche, die für uns erreichbar sind. Ich nenne das Bedürfnisverschiebung. 

 

Bedürfnisverschiebungen kennen wir alle aus dem Alltag: 

  • Wir brauchen einen neuen Pullover - weil wir jedoch keinen finden, kommen wir mit einem Paar neuer Schuhe nach Hause. 
  • Wir haben uns mit Kolleg-innen gestritten - sind verärgert. Statt vor Ort Lösungen zu suchen, reißen wir am Abend die Tüte Chips auf.
  • Uns ist langweilig. Anstatt nach draußen zu gehen und uns zu bewegen, schalten wir den Fernseher ein. 


Bei Bedürfnisverschiebungen geraten wir aus dem Gleichgewicht. 

 

Dann essen wir zu viel, trinken zu viel, shoppen zu viel, glotzen zu viel TV, hängen zu viel am Handy rum, obwohl Berührungen uns so viel mehr zu geben hätte, als die Sinnlosigkeit, die in ständigem Konsum steckt. 

 


 

Nicht stillbarer Hunger

 

„Was soll ich denn machen, wenn mein „Berührungskonto“ am Ende des Tages wenig gefüllt oder gar leer ist?“

 

Gute Frage, denn … Kuschelparties (sofern es diese überhaupt noch gibt) sind nicht für Jede oder Jeden geeignet.
Haustiere sind aus vielerlei Gründen auch nicht immer die Lösung. Was also tun?

 

Ich mag ebenso pragmatische, wie praktische, wie schnell umsetzbare Ansätze, von denen aus wir dann bei Bedarf weiter aufbauen können. Daher sind das meine Antworten – in beliebiger Reihenfolge: 

 

  • Jede Berührung zählt – auch Selbst-Berührung.
  • Weiche, kuschelige Handtücher im Bad in den Farben, die wir lieben.
  • Den Körper eincremen – mit Genuss und Hingabe.
  • Angenehme Pflege für Gesicht, Hals, Dekolleté, Hände, Füße ... und sich Zeit nehmen, um die Produkte in die Haut einzubringen. 
  • Ausgiebig die Haare bürsten – mit einer Naturbürste ist das bei jeder Haarlänge eine Wohltat für Kopfhaut und Haupthaar. 
  • Schöne Unterwäsche, die leicht, sanft und angenehm auf der Haut liegt, sich gut anfühlt. 
  • Alles, was über Tag direkt mit unserer Haut in Kontakt ist, sollte aus Materialien sein, die wir wirklich mögen, die uns angenehm sind und in Farben, die uns guttun. 
  • Bewusste Handarbeit. Wir berühren über Tag mit unseren Händen so viel und fast immer ist es unbewusst = wir nehmen nicht wahr, was wir berühren, außer, es ist extrem angenehm oder extrem unangenehm. 
  • Nehmen Sie sich über Tag immer mal wieder Zeit, um bewusst mit ihren Händen zu spüren – „Spürzeit“ einbauen. 
  • Auf dem Sofa daheim die Lieblingskuscheldecke. 
  • Im Bett nur Materialien, die wir wirklich lieben. Wir verbringen so viele Stunden im Schlafzimmer – gönnen Sie sich anschmiegsame und schöne Bettwäsche mit den dazu passenden, für Sie angenehmen Kopfkissen und Körperdecken. 
  • Wasser – v.a. wenn wir es aktiv nutzen – zum Beispiel beim Schwimmen, stimuliert unseren gesamten Körper. 
  • Führen Sie Berührungen, eine Umarmung bei der Begrüßung | Verabschiedung ein, wenn Sie Menschen regelmäßig treffen – z.B. im Sportverein, beim Stammtisch, auf dem Wochenmarkt. Oft geht es den anderen – unterkuschelt – genauso wie Ihnen. Und wenn nicht – eine weitere Umarmung geht immer. 
  • Gönnen Sie sich ab und an eine Massage oder eine Sitzung bei einem Körpertherapeuten (Physiotherapie, Osteopathie, Cranio-Sacrale Therapie …), damit Sie eine Ihrem Körper völlig zugewandte Stunde genießen können. Und ganz „nebenbei“ wird Ihrem Körper auch medizinisch noch Gutes getan. 
  • Im Internet kursieren immer mal wieder Videos von Menschen, die in einer belebten Stadt „Free hugs“ (Umarmung – wenn Du magst) anbieten. Meist werden sie dabei von einer Kamera aufgenommen, wie sie mit einem Schild vor der Brust in einer Einkaufsstraße stehen und darauf warten, dass ein Mensch eine Umarmung möchte. Und es möchten einige … 

 

War etwas für Sie dabei? Oder haben Sie noch eigene Ideen? Wunderbar!

 

Bei allem, was wir verändern möchten, ist nicht die sofortige Zielerreichung das Wichtigste – das schaffen wir ja eh nicht und sorgt daher nur für Frust - sondern der Start. Beginnen Sie – nehmen Sie einen Punkt aus der obigen Liste und legen Sie los, denn … 

 


 

Es kann Jede und Jeden treffen

 

Vielleicht denken Sie jetzt: Ja, aber die, die einen Partner, eine Partnerin, eine Familie haben, die sind doch klar im Vorteil. Oder die mit einem großen Familien- oder Freundeskreis. 

 

Das kann stimmen, muss jedoch nicht. 

 

  • Es gibt Paare, die sich kaum berühren. 
  • Es gibt Familien- und Freundeskreise, in denen spielen Berührung und Kontakt eine untergeordnete Rolle. 
  • Und auch anders herum stimmt es: Es gibt Menschen, die sich nur selten treffen, sich jedoch lange und innig in den Arm nehmen und auch während des Treffens immer wieder in körperlichem Kontakt sind. 

 

Wir brauchen Berührungen, wir brauchen Körperkontakt. 

 


 

Erkennen und verändern

 

Manchmal ist es im Leben so, dass uns etwas gar nicht bewusst ist. Was uns nicht bewusst ist, können wir auch nicht verändern. Das eine setzt das andere voraus. 

 

Wenn dieser Blogbeitrag Sie dazu animiert, zu prüfen, wie viel Berührung es tatsächlich täglich in Ihrem Leben gibt und Sie – je nach Ergebnis

– entscheiden, mehr Berührungen in Ihrem Leben zuzulassen und zu geben, dann hat dieser Beitrag ein erstes Ziel erreicht. 

 

Wenn Sie bei körperlichen Berührungen noch zögerlich sind, Sie das erst wieder lernen möchten … ein freundliches Wort, ein Lächeln verschenken sind erste gute Schritte.   

 

Über zugewandte Berührungen erleben wir Verbundenheit, können uns balancieren, stabilisieren, beruhigen und damit letztendlich sehr viel für unser eigenes Wohlgefühl und für das Wohlgefühl unseres Gegenübers tun. 

 

 

Weiterführende Blogbeiträge:

 

 

Sie interessieren sich für die Wirkungen von Berührung und Kontakt? 


 
Reden wir doch darüber: 

 

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"Liebe ist die Antwort"


Deva Dagmar Keßlau | Dortmund

Heilpraktikerin | Mediale Mentorin 


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